Nutzung von regionalem Holz
Holz aus den Alpen
Holz eignet sich hervorragend als CO2-Speicher, wie auch die europäische Strategie zur Förderung der Bioökonomie betont. Seine ökologische Funktion kann es aber nur erfüllen, wenn es aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt und die CO2-Emissionen für den Transport berücksichtigt werden. Denn der Transport beeinflusst maßgeblich die CO2-Bilanz von Holz.
Theoretisch könnte Europa seinen Bedarf an Bau-Rundholz selbst decken und dabei noch einen Überschuss von 18,8 Mio. Kubikmetern erzeugen. Dennoch werden jährlich 61 Mio. Kubikmeter in die EU importiert und 80 Mio. Kubikmeter aus der EU exportiert, was einen redundanten Transport von 122,2 Mio. Kubikmetern Holz ergibt.
Die EU hat zwar als weltweit erste Region im Jahr 2003 einen Aktionsplan beschlossen, um den Import von illegalem Holzeinschlag zu verhindern – doch auch nach den Gesetzen des jeweiligen Exportlandes legal eingeschlagenes Holz muss nicht nachhaltig erzeugt worden sein.
In den Alpenanrainerstaaten bestehen verschiedenste Bestrebungen, das vorhandene Potential zu mobilisieren und die ökologischen Vorteile des Produktes Holz voll zur Geltung zu bringen. Die hier vorgestellten Herkunftsnachweise und lokalen Netzwerke stehen für nachhaltige Forstwirtschaft und kurze Transportwege, wie sie mit der Nutzung von regionalem Holz einhergehen.
Frankreich
Die Marke Bois des Alpes™ („Alpenholz“), in gemeinsamer Initiative eingetragen von Akteuren des Forst- und Waldsektors der Regionen Auvergne-Rhône-Alpes und Provence-Alpes-Côte d‘Azur, soll den Bezug von lokalen Holzprodukten in bestmöglicher Qualität garantieren. Das Holz muss dabei aus einem Wald in den französischen Alpen stammen, die Weiterverarbeitung im französischen Alpen(vor)raum erfolgen.
Um die Umweltfreundlichkeit durch kurze Transportwege, die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die hohe Qualität des (Bau-) Holzes zu gewährleisten, muss die gesamte Verarbeitungskette nach PEFC und/oder FSC zertifiziert sein. Die nach Bois des Alpes™ zertifizierten Betriebe und Hersteller müssen zweimal jährlich ein Qualitätsmanagement durchführen. Dabei erfolgt auch eine Zusammenarbeit mit weiteren lokalen Initiativen wie Bois Qualité Savoie (BQS) oder AOC Bois de Chartreuse.
Anlass für die Initiative war die Beobachtung, dass trotz der technischen Qualität lokalen Holzes überwiegend importiertes Holz im Bauwesen verwendet wurde, was ökonomisch und ökologisch widersinnig ist. Mit der Zertifizierungsmarke Bois des Alpes™ wurde der regionalen Holzindustrie ein Werkzeug an die Hand gegeben, um ihre Erzeugnisse vor Ort besser bewerben zu können. Dabei wurde die Marke so konzipiert, dass öffentliche Stellen die Zertifizierung in ihren Vergabeverfahren einfordern können. Der Verband unterstützt die Hersteller im Zertifizierungsprozess und berät Firmen bei der Entscheidung, welche Produkte lokal hergestellt werden können und durch wen. Dadurch konnten bislang mehr als 9.000 m³ zertifiziertes Holz verbaut werden. Unter dem Aspekt, dass die Verwendung von 1.000 m³ lokalem Holz 21 Vollzeitstellen für ein Jahr in lokalen Betrieben sichert, ist dies sehr beachtlich.
Die ökologischen Vorteile von kurzen Produktionsketten für die Reduzierung von CO2-Emissionen sind selbsterläuternd, und zwischenzeitlich liegen hierzu auch Zahlen vor. Insgesamt hat Bois des Alpes™-zertifiziertes Holz einen um 30% kleineren CO2-Fußabdruck als importiertes Holz, insbesondere dank kürzerer Transportwege zwischen Sägewerk und Baustelle: 150 oder gar nur 10 Kilometer statt ansonsten 2.000.
Derzeit sind 43 Betriebe mit 64 Betriebsstätten zertifiziert: 18 Sägewerke liefern Alpenholz an 20 Zimmerei- und Holzbaubetriebe, 20 Holzhändler, drei Brettschichtholz-Hersteller und zwei Schreiner. Selbst in Sachen Holzmenge und Konstruktion anspruchsvolle Projekte wie eine Schule in Rumilly, ausgezeichnet als gutes Beispiel alpiner Holzbaukultur, konnten so realisiert werden.
Österreich
Die Vorarlberger Holzarchitektur zählt zu den kreativsten in Europa. Sie verdankt ihren Erfolg sowohl der Qualität ihrer natürlichen Ressourcen – Wald bedeckt etwa ein Drittel des österreichischen Bundeslands, davon ungefähr zwei Drittel auf über 1.000 m Höhe – als auch dem Engagement eines großen Netzwerks aus am Bau Beteiligten. Mit Unterstützung der lokalen Politik werden Wissen und Knowhow gebündelt und innovative Lösungen angeboten. Die Holzweiterverarbeitung ist eine Quelle regionaler Identität und Stolzes und spielt als Teil der Forstwirtschaft eine große Rolle für die regionale Wirtschaft.
Das Cluster „vorarlberger holzbau_kunst“ ist die treibende Kraft in der Vorarlberger Holzindustrie. Es wurde im Jahr 1957 mit dem Ziel gegründet, alle Akteure zu vernetzen, um so die lokale Ressource weiterzuentwickeln und die bereits bestehende lokale Holzbaukultur zu stärken. Mit heute 65 Forstbesitzern, 49 Zimmerei- und Schreinereibetrieben sowie 35 Ingenieuren und Architekten ist das Cluster im gesamten Herstellungsprozess präsent, sein Erfolg lässt sich im Umsatz der Betriebe, in der Zahl der Arbeitsplätze und in der Exportquote ablesen.
Die Vorarlberger Holzindustrie setzt auf eine Drei-Säulen-Strategie: Öffentlichkeitsarbeit, Aus- und Weiterbildung sowie Marketing mit einer Prise Humor. Eine alle zwei Jahre aufgelegte „Hitliste“ lokaler Holzbaukunst stimuliert die Qualität von Entwurf und Herstellung und weckt das öffentliche Interesse, letzteres zusätzlich angeregt durch Gebäudebesichtigungen unter dem Werbeslogan „Kumm Ga Luaga“ („komm und schau“).
Weißtanne bildet 25% des Waldbestands in Vorarlberg. Traditionell als Baustoff genutzt, geriet sie bis Ende des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit, bis ein EU-LEADER-Projekt ihre Nutzung im Baugewerbe wiederbeleben konnte. Die Ziele des Projekts waren, alte Traditionen wiederzuerwecken, die regionale Identität zu stärken und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das Kulturzentrum Hittisau war bei seiner Eröffnung 2002 das erste Gebäude, dessen Tragwerk und Fassade gänzlich aus lokaler Weißtanne hergestellt wurde.
Die Marke „Bergholz“ ist Teil des Labels „UNESCOBiosphärenreservat“, welches im Jahr 2000 dem Großen Walsertal zugesprochen wurde. Eine Vereinigung aus Handwerkern, Sägewerken und Förstern bestätigt die Herkunft des Holzes und seinen Verarbeitungsprozess. Das Gemeindezentrum Blons war 2004 eines der ersten Gebäude, für dessen Bau zertifiziertes Bergholz zum Einsatz kam.
Die Marke „Vorarlberger Holz“ verbürgt sich für die Holzherkunft aus Vorarlberg (mit 15 km Toleranzbereich). Jeder Schritt der Weiterverarbeitung sowie die Herkunft des Weißtannenholzes werden durch unabhängige Agenturen kontrolliert.
Einem Vorarlberger Sprichwort nach hält das Haus desjenigen 10 Mal länger, der das Holz an Weihnachten schlug. Tatsächlich bestimmt neben den Mondphasen auch der Jahresverlauf die Holzqualität. Die Marke „Mondholz“ greift dies auf und gibt Verbrauchern die Möglichkeit, den Zeitpunkt der Fällung ihres Holzes zu bestimmen.
Schweiz
Das Herkunftszeichen Schweizer Holz (HSH) ist ein Label der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft, welches als Herkunftsbezeichnung den Schweizer Ursprung von Holz und Holzprodukten nachweist (einschließlich Liechtensteins). Ist ein Produkt aus verschiedenen Hölzern zusammengesetzt, müssen mindestens 80% des Holzes aus der Schweiz oder aus Liechtenstein stammen (60% bei den drei Industrieprodukten Pellets, Span- und Faserplatten). Der Rest muss aus Ländern oder Regionen mit vergleichbaren Produktionsbedingungen kommen. Das Label-Reglement gibt Auskunft über die genauen Anforderungen an verschiedene Produkte. Das Herkunftszeichen wird in der ganzen Holz-Kette eingesetzt: Vom Forstbetrieb über die Sägerei und den Schreiner bis zum Detailhändler.
Deutschland
Die Initiative Holz von Hier wurde mit dem Ziel gegründet, die Materialflüsse im Holzsektor durch kurze Wertschöpfungsketten zu reduzieren. Das wissenschaftlich entwickelte Instrument hierfür, das Label HOLZ VON HIER© (HVH) entspricht den Anforderungen der ISO 14024 (Umweltkennzeichnungen und -deklarationen). Im nicht-deutschsprachigen Ausland heißt das Label LOW CARBON TIMBER©.
„Holz von Hier“ ist ein Herkunftsnachweis, der bezogen auf das Produkt die Stoffströme entlang der gesamten Verarbeitungskette bis zum Produkt erfasst und dokumentiert. Es ist das einzige Umweltlabel, welches die tatsächlichen Transporte und die damit verbundenen Umweltwirkungen erfasst und quantifiziert.
„Holz von Hier“ hat unabhängig von einer bestimmten geografischen Region Gültigkeit. Erfasst wird die Transportentfernung in der Produktionskette an sich und nicht die Zugehörigkeit zu einer regionalen Gruppierung oder Verwaltungseinheit.
Italien
Die Institution Magnifica Comunità di Fiemme wurde im Jahr 1111 gegründet. Sie repräsentiert die Einwohner des Fleimstals und spielt eine zentrale Rolle beim Schutz des wertvollen lokalen Holzes. Außerdem verwaltet sie die kommunalen Besitzungen in ihrem Bereich, wie etwa Weideflächen und Wälder. Ihre umfassende und nachhaltige Bewirtschaftung ermöglicht dabei einen stetigen Zuwachs der Bestände wertvoller Hölzer. Das Konsortium Il Legno di Fiemme wurde gegründet, um die Herkunft des in Valle di Fiemme gewachsenen und weiter verarbeiteten Holzes als Qualitätsprodukt zu sichern und zu garantieren.
Der Standard “Holz der Provinz Turin” (LPT) sichert die lokale Herkunft und Verarbeitung von Holzprodukten. Die Firmen, die sich dem Label anschließen, verwenden Holz primär aus den Wäldern der Provinz Turin. Dies wird durch ein Überwachungssystem sichergestellt, welches auch für die PEFC-Zertifizierung eingehalten werden muss. Die sieben beteiligten Firmen verarbeiteten im Jahr 2016 mehr als 7.000 Tonnen Rundholz, wovon 28% aus der Provinz Turin stammten.
Die Initiative 12-to-many zielt darauf ab, Netzwerke innerhalb der Wertschöpfungskette Holz zu etablieren, um Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, die zugleich wirtschaftlich und sozial sind, aber auch einen sehr niedrigen ökologischen Fußabdruck haben. Bestandteile dieser Initiative sind: PEFC-Zertifizierung der Verarbeitungskette; Zurückverfolgbarkeit des Rohmaterials und der Bearbeitungsschritte; Erstellung einer Umweltbilanz inklusive Life-Cycle-Assessment; Qualitätssicherung i m Produktentwicklungsprozess durch Qualitätsfunktionendarstellung; Auswertung der Wirtschaftlichkeit bei allen beteiligten Akteuren.
Slowenien
Die Verwendung von Holz wird in Slowenien von verschiedenen Institutionen und Initiativen unterstützt und auf jährlich stattfindenden Veranstaltungen beworben:
- Ministerium für Wirtschaft und Technologie: Aktionsplan „Holz ist schön“.
- „SPIRIT Slovenia“ - Öffentliche Agentur für Unternehmertum, Internationalisierung, Auslandsinvestitionen und Technologie: Förderung der Holznutzung
- Ministerium für Landwirtschaft, Forst und Ernährung: Waldfonds zur Förderung der Holznutzung.
- Universität Ljubljana: „Charm of Wood“
- Festival “Offenes Haus Slowenien”
- Forum für Wirtschaftsarchitektur
- Festival “Wood Icon“
- Landesweiter Monat des Designs
- Veranstaltungen des südosteuropäischen Zentrums für Kreativwirtschaft BigSEE
- Forum „Leben mit Holz“: SloWOODlife
- Verschiedene lokale Initiativen zur Vermarktung lokalen Holzes und lokaler Produzenten