Bauen mit Holz

Natur und High-Tech für das Bauen von morgen

Der Holzbau erlebt derzeit in ganz Mitteleuropa eine Renaissance und positioniert sich auch verstärkt als prägende Kraft in städtischen Räumen. Altbewährte Leichtbaumethoden mit Holz, lange auf Gebäude geringeren Umfangs beschränkt, treten hier auf der Grundlage moderner Forschung und Entwicklungen in ganz neuem Maßstab in Erscheinung.

Heute nutzen die besten Architekten unserer Zeit das Know-how, das Zimmerleute über Jahrhunderte entwickelt haben, um nachhaltige Gebäude aller Art und Größe entsprechend den spezifischen Anforderungen zu realisieren, die sich aktuell und für die Zukunft stellen. Für eine junge, auf den bewussten Umgang mit den Ressourcen gerichtete Generation von Bauherren und Architekten ist der Holzbau innerhalb weniger Jahrzehnte ein Mittel geworden, den Begriff einer zeitgemäßen und umweltverträglichen Architektur tatsächlich zu realisieren.

Dem Holzbau sind heute kaum mehr Grenzen gesetzt, die zudem ständig neu definiert werden. In ganz Mitteleuropa wachsen heute mehrgeschossige Wohnbauten mit vielen hundert Wohnungen empor, werden umfangreiche Bauten für Industrie und Gewerbe, große Bürohäuser und Schulen aus Holz erstellt. Sogar Hochhäuser entstehen mittlerweile mit dem nachwachsenden Rohstoff aus dem Wald. Bezüglich Sicherheit, Ästhetik und des Kosten-/Nutzen-Verhältnisses ist Bauen mit Holz konkurrenzfähig und eine gewinnbringende Investition für die Zukunft.

Stürmische Entwicklung

Mit Holz können tragende Strukturen für Häuser, Hallen und Brücken jeder Größe gebaut werden, lassen sich Bauelemente, Ausbauten, Verkleidungen, Bodenbeläge, Geräte und Möbel herstellen. Als baulich-konstruktive Elemente sind heute neben den traditionellen massiven Balken und Fachwerken zahlreiche neue Holzwerkstoffe und Verbundstoffe auf dem Markt, die bezüglich Maßhaltigkeit, Qualität, Ästhetik und Tragkraft höchsten Ansprüchen genügen: Hohlkasten für Wände und Decken, Brettschichtträger für weitgespannte Strukturen, Materialkombinationen von Holz mit Stahl, Beton, Kunststoffen und Vieles mehr.

Insbesondere wurden in den letzten Jahrzehnten neben den bereits früher bekannten Sperrholzplatten und den Span- und Faserplatten zahlreiche neue Holzwerkstoffe entwickelt. Diese sind in Struktur und technischen Eigenschaften dem Massivholz vergleichbar und können so bestens verschraubt, genagelt, verleimt und mit Beschlägen aller Art versehen werden. Daraus lassen sich aber auch Bauteile konstruieren, welche die „gewachsenen“ Eigenschaften von Holz in neuen Dimensionen nutzen. Großformatige und formstabile Holzelemente mit kontrollierten und gleichbleibenden technischen Charakteristiken erlauben es, in Architektur und Design gänzlich neue Ideen und Entwürfe zu verwirklichen.

Vorteile durch Technik

Im Holzbau verbinden sich digitale High-Tech-Konstruktionsmethoden sinnvoll und effizient mit der handwerklichen Erfahrung von Generationen. Die gut ausgebildeten Handwerker in der Produktionskette Holz sind fähig, Neu- und Ausbauten mit Holz in der Werkhalle trocken und millimetergenau vorzufertigen und vor Ort in kürzester Zeit aufzurichten. Ein Einfamilienhaus steht zum Beispiel bereits nach wenigen Tagen. Die modernen und anpassungsfähigen Systembauweisen mit Holz erlauben es, Baukosten im Griff zu behalten und zu senken. Damit kann Bauen mit Holz viel Zeit und Geld sparen.

Die Ansprüche an Raum, Komfort, Sicherheit und Behaglichkeit bestimmen sowohl das Aussehen von Bauten als auch den technischen Standard. Holzbau steht heute genauso für Brandsicherheit wie für eine gute Schalldämmung. Zudem ermöglicht Holz die schlanksten wärmedämmenden Wandaufbauten, so dass nachhaltige Gebäude mit einem geringen Energieverbrauch in Bau und Betrieb gut realisierbar sind.

Deutlich wird dies besonders bei der Rahmenbauweise: Hier liegen Tragkonstruktion und Dämmung in derselben Ebene. Die weniger dicken Wände bedeuten mehr Wohnfläche im Vergleich zu den in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden, bei denen die Dämmung als weitere Schicht auf die Wand kommt. Bei einem Einfamilienhaus kann das ca. 5% mehr Fläche bedeuten. Sofern die graue Energie (Primärenergie, die zur Erstellung eines Gebäudes eingesetzt werden muss, z.B. für Herstellung, Transport und Entsorgung des Baumaterials) ein wichtiges Kriterium ist, etwa bei Gebäuden für die 2000-Watt-Gesellschaft (Schweiz), kommt aus gutem Grund fast immer Holz zum Einsatz.

Dem Klimawandel mit Holz begegnen

In Zeiten der fortschreitenden Erderwärmung zählt jedoch nicht nur Energieeffizienz, sondern auch Klimaschonung. Wald und Holz haben dabei einen hohen Stellenwert. Denn jeder Baum nimmt im Prozess der Photosynthese Kohlendioxid auf und verwandelt den Kohlenstoff in Holz. Jeder Baum produziert mit einer Tonne CO2 mehr als einen Kubikmeter Holz und speichert zusätzlich ca. 2.800 kWh Sonnenenergie. Je besser der Wald gepflegt und bewirtschaftet wird, desto besser geht es dem Klima – denn nachhaltig genutzte Wirtschaftswälder sind CO2-Senken. 

Dies bedeutet, dass in der Folge auch in verbautem Holz in Form von langlebigen Produkten wie Balken, Brettern oder Holzwerkstoffen CO2 gespeichert ist und der Atmosphäre für Jahrzehnte, manchmal sogar für Jahrhunderte entzogen bleibt. Bauen mit Holz und die Bevorzugung von Holz oder Holzwerkstoffen für Innenausbau, Möbel und Bodenbeläge bildet deshalb mittelbar einen effizienten Beitrag zum Klimaschutz.

Rohstoff mit Nachwuchs

Holz ist der klassische Rohstoff, der wirtschaftliche Ansprüche umweltverträglich erfüllt. Das Material wächst in den vorbildlich und nachhaltig bewirtschafteten Wäldern Mitteleuropas üppig nach. Dies wird auch künftig so bleiben. Die holzwirtschaftliche Nutzung, vielerorts ein beachtliches Potential, welches noch nicht voll ausgeschöpft wird, verjüngt und stärkt den Wald kontinuierlich, indem sie den gesündesten und kräftigsten jungen Bäumen den Boden bereitet und Raum und Licht verschafft. Sie erhält den Forst so auch als Rohstofflieferant für künftige Generationen.

Die Nutzung der natürlichen Ressource Holz schafft im Alpenraum Hunderttausende von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs ist immens, bietet er doch Beschäftigung auch dort, wo der Industrie- und Dienstleistungssektor oft wenig ausgeprägt ist.

Holz nimmt nach der Ernte den Weg über Säge- und Furnierwerke, Hobel-, Imprägnier- und Holzplattenwerke, Werke zur Herstellung von Fenstern und Türen, Bauschreinereien und wird für den Innenausbau, die Fertigung von Möbeln und sonstigen Schreinerwaren, Konstruktionsteilen, Holzverpackungen und Paletten, die Produktion von Papier und den innovativen Ingenieurholzbau eingesetzt.

Die Entwicklung des Bauens mit Holz im Alpenraum ist besonders seit der Jahrtausendwende eindrücklich. Die mit dem Naturbaustoff realisierten Projekte werden immer größer und anspruchsvoller. Und sie werden immer höher: Vielerorts sind Hochhausprojekte aus Holz am Entstehen. Daneben lassen sich eindrückliche qualitative Entwicklungen beobachten. Zudem fällt auf, dass es Holz in den letzten Jahren geschafft hat, zum Imageträger zu werden. Der notwendige Trend zu nachhaltigem und klimaschonendem Bauen wird dafür sorgen, dass der nachwachsende Rohstoff Holz in den nächsten Jahrzehnten noch viel mehr Zuspruch finden wird als heute.

Text: Michael Meuter, Zürich, Lignum – Holzwirtschaft Schweiz (CH)